Steinort, den 10. Januar 1806

Hochgeborener Herr Reichsgraf
Insonders Höchstzuehrender Herr Obrist Wachtmeister

Ew. Hochgeboren Auftrag gemäß, und ich meinem Vornehmen getreu, wäre dieser Brief schon in dero Händen, nur die hier verbreiteteten falschen Nachrichten haben mich irre geführt und von meinem Vorsatz abgebracht, denn bei unseren Politicis war der Friede schon unterzeichnet und das Regiment von Rouquette auf dem Rückmarsch.

In Königsberg bin ich nicht gewesen, denn es ist bei uns eine ganz außerordentlich schlechte und veränderliche Witterung, aber Sperling war auf unterschiedene Befehle von  Der alte Graf Lehndorff.
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Sr. Exzellenz
da, nahm befohlenermaßen sein Geld mit und musste es aber wieder retour nehmen, die Gründe davon sind mir unbekannt. Die Gesundheit Sr. Exzellenz nach allen Nachrichten, die ich habe, ist immer die nämliche; Sr. Exzellenz sind sonsten recht wohl, können die mehreste Zeit gut essen und schlafen, nur die Geisteskräfte nehmen ab, und die Irrungen der Gedanken kommen und äußern sich nach wie zuvor. Sr. Exzellenz die Frau Gräfin dagegen sollen recht wohl und munter sein.

Nach meinen Nachrichten werden die Frau Gräfin von Dönhoff mit der ganzen Familie noch vor dem Frühjahr in Königsberg eintreffen.

Hier in Steinort ist noch alles gut und von Bedeutung nichts vorgefallen. Krankheiten sind auch wenige und die Sterbefälle äußerst selten, doch ist der alte Assmann gestorben. Ich fürchte sehr die Not des künftigen Jahres und asserviere soviel ich kann, hoffe auch reichlich mit Saat, Brot und Futter auszukommen. Die Preise steigen. Korn gibt der Scheffel in Königsberg 8 Fl., die Erbsen und Gerste 7 Fl., der Haber 4 1/2 Fl. Der Weizen ist dem Korn fast gleich. Von der großen 8-monatlichen Lieferung ist noch bis jetzt alles still, außer das Drengfurtsche Magazin wird durch Landesfuhren nach Königsberg transportiert und diese ganze Woche sind schon Fuhren dahin abgegangen. Wir müssen von Serwillen auch drei Wagen dazu hergeben, es besteht aus 11.000 Scheffel Haber und 1.800 Scheffel Korn und Mehl. Das Regiment von Reinhardt ist gestern nach Danzig von Rastenburg aus marschiert; wir haben also in dieser ganzen Gegend kein Militär mehr.

Die Schimmel-Stute ist recht gesund und im guten Stande, nur tragend wird sie beinahe nicht sein. Sie ist noch immer so wie sie war und dabei sehr mutig, indessen werde ich sie noch ein paar Monate auf Stroh gehen lassen.

Bei der Krankheit des Herrn General von Rouquette sind hier aus der Angerburgschen Officien einige Medikamente für denselben durch den Hofrat Flach verschrieben. Ich werde die Rechnung bezahlen und es von dem zu bezahlenden Gelde für den Haber abziehen.

Ew. Hochgeboren können gewiss überzeugt sein, dass mir alle guten Menschen hier in Steinort den innigsten und herzlichen Wunsch äußern, dieselben nicht allein gesund und wohl zu wissen, sondern auch außer den Gefahren des Krieges auf dem Rückmarsch in unsere Gegend, damit wir alsdann bald das Glück und die Freude haben können, dieselben hier in Steinort zu sehen, und mit der innigsten Freude zu empfangen. Gewiss wird die Hand des Schicksals Ew. Hochgeboren unter dem Schutz und Schirm des Glücks und Dero militärischen Talente, und unseren künftigen Herrn und Wohltäter mit Lorbeeren gekrönt und mit Ruhm und Ehre geschmückt gesund und wohl wieder zuführen, dieses ist der aufrichtige Wunsch (nach der untertänigsten Empfehlung meiner Frauen und aller guten Steinortschen Einwohner) desjenigen, der sich ehrfurchtsvoll unterzeichnet

Ew. Hochgeboren untertänigster treuer Diener

Berent

Zitierhinweis

Friedrich August Berent an Carl Friedrich Ludwig Graf von Lehndorff. Steinort, 10. Januar 1806. In: Lebenswelten, Erfahrungsräume und politische Horizonte der ostpreußischen Adelsfamilie Lehndorff vom 18. bis in das 20. Jahrhundert. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2019. URL: https://lebenswelten-digital.bbaw.de/dokumente/detail.xql?id=lehndorff_bmb_2qg_hdb