Trebnitz, den 18. September 1843

Mit herzlichem Dank und großem Interesse habe ich bei meiner nach kurzem dortigen neuesten Aufenthalt erfolgten Rückkehr aus Berlin Ihr Schreiben d. d. Königsberg den 6. d.  ‟Der preußische Landtag‟, datiert Königsberg, 11. Oktober 1840, in: Leipziger Allgemeine Zeitung, Beilage zu Nr. 295, 21. Oktober 1840.
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mit den Exemplaren Ihres Huldigungs-Landtages
hier vorgefunden. Unter Zurückbehaltung des einen Exemplars für mich habe ich die übrigen sogleich Ihrer Bestimmung gemäß nach Berlin abgeschickt. Hätte ich noch ein Exemplar übrig gehabt, so hätte ich dasselbe dem Herrn von Dolffs gegeben, der mich unerwartet in Berlin besuchte und mir später die Einlage für Sie übermachte. Derselbe ist seiner Gesinnung vollkommen treu geblieben und hat zur Unterstützung unserer Anträge auf dem dortigen Landtage vergebliche Anstrengungen gemacht, selbige, da sie wegen absichtlich übereiltem Schlusse des Landtages gar nicht ins  Vgl. GStA PK, XX. HA, Rep. 127, Nr. 40: Konferenzprotokolle der Plenarsitzungen des Ständischen Huldigungslandtages 1840.
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Plenum
gekommen sind, dem nächsten Landtage ausdrücklich vorbehalten. Dolffs schreibt mir noch hierher, dass er mit jedem Tag längeren Aufenthalts in Berlin meine Besorgnisse bestätigt findet, dass die Wiedereinberufung der Ausschüsse erfolgen solle, aber unter Beibehaltung der womöglich noch zu beregenden Geschäftsordnung, woran ich indessen zweifeln muss, obgleich Graf Arnim sich ganz dem Einfluss von Wittgenstein und Rochow hingegeben hat, und gegenwärtig der Wiener Canitz und  Freund Friedrich Wilhelms IV. und Hauptvertreter der Kamarilla
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Oberst Gerlach
zu den liberalsten Leuten in Berlin gezählt werden. Welchen Landtagsabschied wir zu erwarten haben, können Sie daraus entnehmen, dass unser schwacher Dohna gemeint hat, so könne man uns doch nicht behandeln, wie Arnim und andere wollten. Bötticher wird aber wohl anderer Meinung sein. Es wird dabei also alles vom Könige abhängen, wenn er noch eine eigene Ansicht hat. Gut ist es, dass Stolberg und Dohna, diese schwachen Leute, dahinter zu kommen scheinen, dass man sich in Arnim vergriffen habe. Doch hoffe ich nichts mehr.

 Leitete im Herbst 1843 die Übungen des bei Berlin zusammengezogenen Kavalleriekorps
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Wrangel
hat mit seinem Kavallerie-Exerzieren wirklich sehr gut abgeschnitten und dabei vor versammeltem Kriegsvolk eine Szene mit dem Prinzen von Preußen gehabt, wobei er zur Freude der Garde-Befehlshaber in nichts nachgegeben, sich sehr entschieden benommen und dem Prinzen ein starkes Dementi gegeben hat. Es dürfte ihm in Folge dessen der Kamm aber wohl gewaltig anschwellen. - Übrigens war in den Tagen ein solches Getriebe in Berlin, dass ich es in Berlin nur zwei Tage aushalten konnte und nachdem ich  Kommandeur der 3. Division in Stettin
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Boyen, meinen Bruder
, Below und den Major Fischer gesprochen hatte, mich wieder davon machte. Ein Nordamerikaner würde damals dort geglaubt haben, in ein Tollhaus geraten zu sein.

Nach der genommenen Rücksprache mit dem Major Fischer scheint es immer wahrscheinlicher, dass die Weichselbrücke nicht bei Graudenz, sondern unterhalb Mewe, vielleicht selbst auf der Montauer Spitze zu stehen kommen wird.

Was nun Ihren Huldigungslandtag anbetrifft, so scheint mir dieser eine faktische Ungenauigkeit zu enthalten. Denn meines Wissens, und die Akten dürften dies näher ergeben, sind unserem Ausschuss für die Assekurations-Akte, wie Lehndorff diesen benannte, hierauf Bezug habenden Petitionen, die an den Landtag gerichtet gewesen waren, durch den Marschall nicht zugestellt worden. Vielmehr war demselben und außerdem mir die  Johannes Voigt verfasste für den Landtag „Geschichtliche Notizen über den Herrenstand, die Assekurations-Akte und das Donativ. Für den Landtag, welcher am 5. September 1840 eröffnet wird. Königsberg 1840‟.
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Schrift von Voigt
verteilt worden. Später nachdem der Ausschuss gebildet war, wurde mir für denselben durch Herrn Heinrich ein ausführliches Exposé über die frühere Verfassung des Landes zugestellt, auf die wir nicht wieder zurückkommen wollten. Gleichwohl wurde diese Ausarbeitung von mir, nachdem wir unseren Beschluss gewonnen hatten, noch aus Rücksicht für den Einsender und das dadurch mit bezeigte Vertrauen dem Ausschuss vorgetragen. Diese Eingabe enthielt in ihrem Schlusse den bestimmten Antrag auf Verleihung der zugesagten Konstitution, daher sie von mir mit den Worten zurückgelegt wurde, dass wir auch in Betreff dieses Punktes uns schon geeinigt hätten und es also dessen Erwägung nicht mehr bedürfe. Dieserhalb widerlegte ich auch in ähnlicher Weise durch die Augsburger Allgemeine, die deshalb fälschlich verbreitete Meinung, als sei von Herrn Heinrich oder von Ihnen auf dem Landtage der Antrag auf Verleihung einer Konstitution gemacht und vorgetragen worden. Wie Sie die Sache nunmehr dargestellt haben, kann die Meinung aber wieder Raum gewinnen, dass dergleichen Antrag wirklich an den Landtag gerichtet gewesen, und dessen Beschluss durch diesen, also von außen her veranlasst worden, während er aus ihm selbst, der ihm vorliegenden Proposition und der jederzeit erbetenen Assekurations-Akte allein und notwendig hervorgehen musste und dadurch umso mehr die vollste Berechtigung erhielt. Ich weiß daher auch nicht, warum Sie das Faktum unerwähnt gelassen haben, wie Lehndorff die Ausschüsse benannt und aus welchen Mitgliedern er sie zusammengesetzt hatte, da Sie doch die namentliche Liste sämtlicher Mitglieder geliefert haben. Letzteres wäre vielleicht deshalb gut gewesen, als man sich sodann hätte überzeugen können, dass unser Ausschuss aus besonnenen ruhigen, keineswegs extremen Mitgliedern bestanden hat.

Zitierhinweis

Magnus von Brünneck an Alfred von Auerswald. Trebnitz, 18. September 1843. In: Lebenswelten, Erfahrungsräume und politische Horizonte der ostpreußischen Adelsfamilie Lehndorff vom 18. bis in das 20. Jahrhundert. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2019. URL: https://lebenswelten-digital.bbaw.de/dokumente/detail.xql?id=lehndorff_d11_t2r_gz