Buddern, den 18.1.82

Hochgeborene gnädigste Frau Gräfin!

Sie bedankt sich im Namen des Schneiders März für die Hilfe in der Not und die Bereitstellung von Brennholz und antwortet auf deren Anfrage wegen der Situation des Einwohners Klimbert. Sein Brotherr, der Gutsbesitzer Flack habe ihn entlassen, da er bei der Wahl anders gewählt habe. Er habe überall versucht, eine Anstellung zu finden, jedoch vergeblich.

Da gehen dann natürlich die Gedanken zu Ihnen, verehrte Frau Gräfin, denn in unserer Gemeinde gibt es zu wenige barmherzige Herzen, und es ist für den Geistlichen ein demütigendes und niederbeugendes Gefühl, wenn er sich sagen muss, wie wenig es ihm gelungen ist, nach dreizehnjähriger Arbeit hier zu wirken. Doch davon wollte ich nicht reden, sondern von dem Trost und der Hoffnung der Armen, und das ist nur Frau Gräfin. Ich sage den Leuten so oft, dass es unbescheiden ist, Sie immer und immer wieder zu belästigen, da Sie ja in ihrer eigenen Gemeinde schon so viele zu versorgen haben, aber das Vertrauen der Leute zu Ihrer Barmherzigkeit ist so groß, dass sie sich nicht abweisen lassen, und Sie helfen ja immer und immer wieder,   Unleserliche Stelle [...] und ich sage oft, dass sich das Brünnlein nicht ausschöpft, dass es nur und nur fließt, und Trost und Freude in arme geängstige Herzen bringt. Und so werden Sie ja auch hier tun, nach bestem Ermessen, teuerste Frau Gräfin.

In innigster Verehrung unterzeichnet sich

Marie Paczynski

Zitierhinweis

Marie Paczynski an Anna Gräfin von Lehndorff. Buddern, 18. Januar 1882. In: Lebenswelten, Erfahrungsräume und politische Horizonte der ostpreußischen Adelsfamilie Lehndorff vom 18. bis in das 20. Jahrhundert. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2019. URL: https://lebenswelten-digital.bbaw.de/dokumente/detail.xql?id=lehndorff_k34_bcy_fdb