Regest:
Dönhoff fragt Lehndorff, ob es „ratsam, sich wider die Seit 1751 war eine Neuordnung des
preußischen Rechtswesens angedacht, die sich über Jahrzehnte hinzog.
Großkanzler Johann Heinrich von Carmer sollte die Aufgabe zum Abschluss bringen. Mit
den Geheimen Räten Carl Gottlieb Svarez und Otto Nathanael Baumgarten war er im September
1781 nach Königsberg
gekommen, um sich ein Bild von der Rechtspflege zu machen. Die
vorgefundenen Missstände wollten sie durch eine Reform des
Gerichtsverfassungsrechts beseitigen. So wurden alle königlichen
Gerichte 1782 als „Ostpreußische
Regierung“ zusammengefasst, zuständig für alle Zivil-
und Kriminaljustizsachen, Hypotheken-, Pupillen- und
Depositalsachen, die vor ein Obergericht der landesherrlichen
Gerichtsbarkeit gehörten. Der Erste Senat der Ostpreußischen
Regierung entsprach dem früheren Hofgericht, der Zweite dem
Tribunal, aus dem 1815 das Oberlandesgericht Königsberg hervorging. Die ersten
Chefpräsidenten der Ostpreußischen Regierung waren Friedrich
Alexander von Korff und
Ludwig Finck von
Finckenstein (1784). Die Neuordnung leitete die
Trennung von Justiz und Verwaltung ein. Als Obergerichte wurden
außerdem das Hofgericht zu
Insterburg, in Westpreußen die Regierung zu Marienwerder und das
Hofgericht zu Bromberg
begründet.
[Schließen]neue Justiz-Einrichtung zu setzen“. Jeder würde submittieren, „obgleich so
weniges zum Nachteil unserer Privilegien und alten Rechte zuwider
läuft“. Er sei am Ende seiner Karriere und habe „praktisch
empfunden, das Geduld alles überwindet. Soll ich nun in meinem Alter noch
wider meine Einsicht, wenngleich ich Patriot bin et pro Deo et patria lebe
und sterbe, noch mit Fremden communem causam machen?“ Er habe nicht
bemerkt, dass in England oder
Frankreich, wo die Parlamente in
den Zeitungen viel Aufsehen veranlassen, ein ruhiges Leben möglich sei. Wenn ein
Reich mit sich selbst uneins ist, kann es nicht bestehen. „
Polen ist da so ein lebendiges
Exempel.“ Würde „Widersetzlichkeit nicht mehr schaden als
helfen und es am Ende heißen, Zorn ohne Macht wird ausgelacht
[Schließen]vana est sine viribus ira?, wer ein Haus bauen will, muss doch zuvor die Kosten
überschlagen.“ Er bittet Lehndorff um dessen Ansicht und lasse sich
gern belehren.
Zitierhinweis
Philipp Otto Graf von Dönhoff an Ernst Ahasverus Heinrich Graf von Lehndorff. Quittainen, 13. März 1784. In: Lebenswelten, Erfahrungsräume und politische Horizonte der ostpreußischen Adelsfamilie Lehndorff vom 18. bis in das 20. Jahrhundert. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2019. URL: https://lebenswelten-digital.bbaw.de/dokumente/detail.xql?id=lehndorff_xkf_t1p_h1b