Podangen 4.11.74

Hochverehrte gnädige Gräfin!

Ihrem Wunsche gemäß habe ich es vermittelt, dass die Ostpreußische Landschafts-Darlehens-Kasse jede beliebige von Ihnen einzuzahlende Summe annimmt und je nach Ihrer Verfügung dieselbe entweder bar in Ihrem Deposito behält oder zinstragende Papiere für dieselbe anschafft. Im ersten Falle zahlt die Darlehens-Kasse Zinsen, deren Höhe sich danach richtet, in welchen Kündigungsterminen das deponierte Geld bei ihr wieder abgehoben wird; im letzteren Falle behält sie die von ihr angekauften Papiere in ihrem Depot, realisiert die Coupons und legt diese wiederum auf Erfordern zinstragend an - alles gegen geringe Vergütung.

Sollten Sie nun, meine gnädigste Frau Gräfin, für das eingehende Geld zinstragende Papiere ankaufen wollen, so kann ich nur zu 4 1/2 prozentigen Pfandbriefen raten; absolut sichere Papiere, die höhere Zinsen tragen, gibt es meines Wissens nicht und ausländische oder Spekulationspapiere werden Sie, wie ich voraussetze, nicht ankaufen wollen.

Die Darlehens-Kasse ist von mir angewiesen worden, Ihren etwaigen Aufträgen überall mit Bereitwilligkeit entgegen zu kommen und können Sie, gnädigste Gräfin, mit vollem Vertrauen diejenigen Ratschläge hinsichts der Anlage Ihrer Gelder befolgen, die die Kasse Ihnen zu geben sich etwa erlauben sollte.

In der Hoffnung, Ihnen die Wege hiermit etwas geebnet zu haben, verharre ich in vollkommener Hochachtung und Ehrerbietung, meine gnädigste Gräfin, Ihr gehorsamster

Kanitz

Zitierhinweis

Emil Karl Ferdinand Graf von Kanitz an Anna Gräfin von Lehndorff. Podangen, 4. November 1874. In: Lebenswelten, Erfahrungsräume und politische Horizonte der ostpreußischen Adelsfamilie Lehndorff vom 18. bis in das 20. Jahrhundert. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2019. URL: https://lebenswelten-digital.bbaw.de/dokumente/detail.xql?id=lehndorff_zwl_x2w_fdb