Berlin, den 2. Februar 1825
Mein lieber Lehndorff!
Die allergrößte Verlegenheit und dringendste Not bringt mich heute zum Schreiben, um
Dich zu ersuchen, Dich zu beschwören, ja um alles anzuwenden, Dich zu bewegen, mir
mit umgehender Post die mir seit beinahe 2 Jahren schuldigen 392 Rtlr., welche ich
für Dich vorgeschossen habe, anhero zu senden. Meine Lage ist Dir nicht unbekannt,
alle Menschen wissen, dass ich nur vom Gehalt lebe, wovon mir noch ein gerichtlicher
Abzug für meine Gläubiger mit der Hälfte, jährlich 1.100 Rtlr., gemacht wird. Sowie
ich des Monats mein Geld erhalte, wird es auch sogleich wieder ausgezahlt und an
Kassenbestand ist nicht zu denken. Um daher damals das Geld herbeizuschaffen, Hacke war der Hofmarschall des Prinzen Friedrich.
[Schließen]musste ich solches aus der Prinzlichen Kasse borgen. Der Hofrat Wilsky als Rendant dieser
Kasse gab mir solches gern, in der Hoffnung, dass es nur auf kurze Zeit sei, indem er
das Geld nicht lange entbehren kann, da nicht allein monatlich speziell, sondern auch
zu Neujahr jedesmal Generalrevision ist, wo die Gelder bar und richtig vorhanden sein
müssen. Ich werde daher jeden Monat aufgefordert, meine Schuld zu tilgen, und jetzt
will der Hofrat sich nicht länger gedulden, sondern will nun sich selbst
rechtfertigend dem Prinzen eine Anzeige
davon machen. Das mir in meinem Verhältnis dies über alles und höchst unangenehm ist,
brauche ich nicht zu sagen. Ich kann auf meine Ehre versichern, dass sich die Sache
so verhält, und bin ich in diese namenlose Verlegenheit bloß durch meine Güte
gekommen. Ich hoffe und erwarte daher von Deiner Billigkeit und Deinen rechtlichen
Gesinnungen, dass Du alles anwendest, um mich aus meiner verzweifelten Lage
herauszureißen, indem Du mir umgehend die 392 Rtlr. übermachst. Nochmals bitte und
beschwöre ich Dich darum, bei unserer alten Bekanntschaft und Freundschaft.
Sehnsuchtsvoll, aber voller Vertrauen erwarte ich mit jedem Posttage die Erfüllung meiner so dringenden Bitte, welche ich gewiss recht dankbar erkennen werde, da ich aus einer namenlosen Verlegenheit und Unannehmlichkeit gerissen werde,
ganz der Deinige
Graf v. Hacke
Zitierhinweis
Karl Wilhelm Alexander Graf von Hacke an Carl Friedrich Ludwig Graf von Lehndorff. Berlin, 2. Februar 1825. In: Lebenswelten, Erfahrungsräume und politische Horizonte der ostpreußischen Adelsfamilie Lehndorff vom 18. bis in das 20. Jahrhundert. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2019. URL: https://lebenswelten-digital.bbaw.de/dokumente/detail.xql?id=lehndorff_zxr_zsf_2db