Instruktion für die Wirtschafterin in Steinort

Da es bei dem Eintritt in einen neuen Wirtschaftskreis nötig und wünschenswert ist, mit den Pflichten und Anforderungen desselben möglichst bekannt zu sein, um sich mannigfache Unannehmlichkeiten zu ersparen, die aus Unkenntnis des Verhältnisses entstehen, so habe ich hier meine Wünsche und Bestimmungen niedergeschrieben mit dem tiefsten Vertrauen, dass die Wirtschafterin solche recht beherzigen und sich bemühen werde, ihre Stellung zu meiner Zufriedenheit auszufüllen.

Den Zeitpunkt des Aufstehens für die Wirtschafterin und die ihr untergebenen Mädchen setze ich für den Sommer um 4 Uhr, für den Winter um 5 Uhr fest.

Während jedes der Mädchen ihren bestimmten Arbeiten nachgeht, sorgt die Wirtschafterin für das herrschaftliche Frühstücksgedeck und die Ausgabe für den ganzen Tag.

Gegen 9 Uhr früh versammelt sich die Wirtschafterin mit ihren Mädchen oben im Schlosse zur Morgenandacht, nach der sie zu etwaigen Besprechungen sich bei mir melden kann.

Die Wirtschafterin hat 5 Tische zu besorgen

1. den herrschaftlichen Tisch gewöhnlich um 5 Uhr, Sonntags aber um 3 Uhr

2. den Offiziantentisch um 12 Uhr

3. den 1. Kammertisch

4. den 2. Kammertisch und Beitisch ebenfalls um 12 Uhr. Auf letzteren kommt Donnerstags und Sonntags Fleisch und alle Sonntage ein halber Liter Bier pro Mann, alle Feiertage eine Vorspeise und Braten und 1 Topf Bier pro Mann, 1/2 Topf Bier pro Mädchen, am Feiertag-Abend erhalten alle Tische kaltes Essen und 1/2 Bier.

Die Mädchen erhalten alle 1. und 2. Feiertage Kaffee von 1/Lot a Person, mit Milch und Honig angemacht, und Strietzel zugeschnitten. Die Männer erhalten  Warme Biersuppe war auf dem Land ein häufiges Frühstück für Erwachsene wie für Kinder, wobei Dünnbier verwendet wurde; sie wurde durch die neue Mode verdrängt, morgens Kaffee zu trinken und dazu Brot zu essen.
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Warmbier von Bier, Milch, Brot und Mehl
mit Striezel und etwas Schmalz. Außerdem hat niemand Anspruch auf Frühstück oder Essen ohne meine spezielle Erlaubung, und die Waschfrauen erhalten an den Waschtagen Frühstück und Vesperbrot.

Alle Freitag ist Backtag für das Leute-Brot von 2 1/2 Scheffel Roggen und am Sonnabend für das feinere Tischbrot von 1 Scheffel.

Von dem Schwarzbrot werden auf die Woche jedem Mann 12 Pfund, jedem Mädchen 7 Pfund ungebacken zugewogen.

Außerdem erhält der Rechnungsführer, der Wirtschafter und der Gärtner wöchentlich ein Tischbrot und täglich zum Frühstück für alle drei 1/2 Topf unabgerahmte Milch, wie solches letztere auch für das Schlosspersonal, Wirtschafterin, Damen, Kastellanin, Jäger, Bediente gegeben wird.

Von Ostern bis Michaelis in den langen Tagen bekommen die Leute Vesperbrot, bestehend aus 1/2 Quart saurer Milch für jeden.

Alle Vierteljahr ist große Wäsche und muss daher alles vorher gründlich von der Wirtschafterin nachgesehen und von ihr und ihren Mädchen ausgebessert werden. Auch muss sie die Wäsche selbst persönlich beaufsichtigen, damit nicht Unordnungen und Verschwendung von Seife usw. vorkommen, was ohne Aufsicht so oft einreißt. An Wäsche hat die Wirtschafterin zu verteilen:

A. An Bettwäsche

Den Offizianten und der Wirtschafterin, Köchin und Stubenmädchen alle 4 Wochen

dem Jäger und Bedienten alle 6 Wochen

den Stallleuten Knechten und Mädchen alle 1/6 Jahr

B. Handtücher

Den Offizianten, der Wirtschafterin, dem Jäger, Bedienten, Köchin und Stubenmädchen wöchentlich, jedoch dem Rechnungsführer 2

den Mädchen je zwei wöchentlich 1

den Stallleuten, Knechten alle 14 Tage 1

C. Tischtücher und Servietten

Für den Offizianten und 1. Kammertisch alle 14 Tage ein Tischtuch und alle 8 Tage Servietten

D. Wischtücher

Dem unteren Stubenmädchen 4 lange und 4 kurze zum Reinigen, in der Küche 2 lange und 2 kurze und dem Gärtner 1 langes

Alle Frauen, die beim Heckseln, beim Gänse- und Schweineschlachten und Kuhmist machen, beim Seife kochen oder großen Wäsche und   Unleserliche Stelle [...] gebraucht werden, hat die Wirtschafterin stets in das dazu bestimmte Dienste(?)buch einzutragen, mir zur Genehmigung vorzulegen und dem   Unleserliche Stelle [...] Oberinspektor mit Angabe der Zeit, wann sie gebraucht worden,   Unleserliche Stelle [...] zu lassen.

Für möglichst frühzeitige Ablieferung des Flachses muss die Wirtschafterin sorgen und es dann genau im Gespinstbuch verzeichnen. Mitte November lässt sie dann durch den Wirtschafter alle Hospitaliten, die 1 Kuh haben und auf den selbst administrierten Gütern verpflichtet sind, 10 Pfund Grob-  Unleserliche Stelle [...] oder 6 Pfund Fein-  Unleserliche Stelle [...] oder 4 Pfund Flachs unentgeltlich spinnen kommen, und gibt ihnen das Gespinst, welches sie zum Heil. Dreikönigstag abzuliefern haben, und zur besseren Übersicht für die Wirtschafterin füge ich auch die Leistungen der ihr untergebenen Mädchen bei.

Alle täglichen Geschäfte als Reinigen der Hausflure, Treppen, Wirtschafterin-, Offizianten-, Jungfern- und Bedienten- und Ess-Stuben, darin das Essen aufgetragen, und Reinigen der Geschirre für den Offizianten- und den 1. Kammertisch, das Heizen der Öfen pp. hat das untere Stubenmädchen (zur Zeit Maria Knopke) zu besorgen und in der übrigen Zeit zu spinnen, zu nähen oder auszubessern.

Alle Verrichtungen in der Küche als Holz und Wassertragen, die Küche selbst und alles Geschirr darinnen zu reinigen und in bester Ordnung zu halten sowie auch das Leute-Kochen und Brotteigkneten hat die Köchin (zur Zeit Jette Schaffran) zu verrichten.

Das tägliche Reinigen des Federviehstalls, das Füttern und Beaufsichtigen des Federvieh selbst, das Mästen der Gänse und Enten pp. liegt der   Unleserliche Stelle [...]-Frau (zur Zeit Sand) ob, außerdem hat sie der Köchin beim Kartoffeln reinigen, Fisch schrapen, Gemüse putzen und beim Brot backen zu helfen, dem 2. Kammertisch und Beitisch das Essen aufzutragen, das Geschirr zu reinigen und in der übrigen Zeit zu spinnen. Sie hat auch die Abtritte im Schlosse täglich zu reinigen.

Das Milchen dreimal des Tages, im Sommer schon um 2 Uhr Morgens vor dem Austreiben der Kühe, wie auch das Füttern der Kälber, das Reinigen der Milchgeschirre hat das Milchmädchen (zur Zeit Auguste Scheumann) zu verrichten, außerdem zu buttern, zu nähen, zu spinnen und zu weben.

Das Füttern der Schweine und das Reinigen des Stalles hat zur Zeit die Luise Pollaschke zu besorgen und außerdem in der Küche und beim Buttern pp zu helfen.

Das Spinnmädchen Lotte Soyan hat außer dem Spinnen beim Milchen zu helfen und bei großen Reinigungen.

Die 6 Waisenkinder, welche ich hier im Schlosse erziehe, lege ich meiner Wirtschafterin noch recht besonders an das Herz, dass sie dieselben mit mütterlicher Liebe und Ernst überwache und sie zu Reinlichkeit, Ordnung und Fleiß anhalte. Sie müssen, wenn sie nicht in der Schule sind, zu häuslichen Arbeiten als Gemüse putzen, Geschirr reinigen, Spinnen und Spulen angehalten werden, damit sie beizeiten lernen, in den Verhältnissen, darin sie geboren, tätig und tüchtig zu werden. Näheres werde ich mündlich noch darüber mit der Wirtschafterin besprechen. Im Reinigen ihrer Stube haben sie sich so wie auch die Wirtschaftsmädchen in der ihren abzuwechseln. Es hat die Wirtschafterin täglich solches zu kontrollieren, dass es ordentlich geschehe, die Betten täglich saubergemacht werden, wie sie überhaupt das ganze untere Personal ernstlich zur Ordnung, Reinlichkeit und Pünktlichkeit anzuhalten hat, auch auf deren Anzug zu sehen, dass er stets sauber und ordentlich und alle Mädchen und Kinder stets Käppel(?) tragen.

Im allgemeinen ist es mein Wunsch, dass die Wirtschafterin überall auf größtmögliche Ordnung und Sauberkeit achte auf den Fluren, Treppen, in der Küche, dass Kasserollen, Töpfen und Geschirre nach jedesmaligen Gebrauch sogleich gereinigt werden und Tische und Bänke in reinlichstem Zustand erhalten werden.

Zur Erleichterung des Reinigens bestimme ich, dass auf dem hinteren Hausflur, in der Küche und Gesindestube täglich Sand gestreut werde.

Am Sonnabend haben alle Mädchen beim Scheuern und Putzen zu helfen und hat die Wirtschafterin zu überwachen, dass es nicht oberflächlich oder schlecht geschehe, ganz besonders gilt dieses von dem vierteljährlichen großen Scheuern des Hauses pp.

Im Winter haben die Mädchen der Köchin beim Holz und Wasser tragen zum Sonntag zu helfen und soll Sonntag abends an allen Tischen nur kaltes Abendbrot gegeben werden, damit die Köchin auch den Ruhetag genieße.

Sonntags hat die Wirtschafterin die Mädchen zu ermahnen, abwechselnd in die Kirche zu gehen, etwaige Besuche derselben bei ihren Verwandten hat sie mir zu melden, doch dürfen die Mädchen nie länger wie bis 9 Uhr abends fortbleiben. Zum Tanz dürfen die Mädchen nie ohne meine Spezial-Erlaubnis gehen. Es ist mein entschiedener Wille, dass sich niemand in der Mädchenstube umhertreibe, namentlich Männer, die dort nie etwas zu suchen haben, deshalb hat die Wirtschafterin streng darauf zu sehen, dass weder Boten, Bettler noch Juden sich dort aufhalten.

Von Ostern bis Michaelis haben die Mädchen nach dem Abendbrot frei. Im Winter sie Klunkern(?) mit 1 Sgr. 5 D bezahlt bekommen. Im Sommer haben alle Hospitaliten ohne Ausnahme auf 2-3 Tage herzukommen und die herrschaftlichen Federn zu reißen, wo sie denn auch Mittag und Vesper bekommen.

Das ab- und wieder eingelieferte Garn hat die Wirtschafterin recht pünktlich stets in das Gespinstbuch einzutragen, jeden Mangel am Gespinst mir gleich zu melden, sich selbst aber die guten und schlechten Spinnerinnen zu merken für künftige Austeilungen. Über die Verwendung des Garns werde ich stets persönlich verfügen.

Auch in den übrigen Buchführungen hoffe ich auf die Gewissenhaftigkeit und Pünktlichkeit der Wirtschafterin. In dem Fischbuch sind die wöchentlichen Fischlieferungen genau einzutragen. In dem Wildbuch sind die jedesmaligen Lieferungen der einzelnen Jäger zu bezeichnen. In dem Schlachtbuch ist alles an die Wirtschaft gelieferte Schlachtvieh zu bemerken, in dem Milchbuch nach jedesmaligem Melken der Ertrag und später der Verbrauch anzuführen. In dem Viehbuch sind die Lieferungen der Leute und des eigenen Federviehs sowie auch der tägliche Verbrauch einzutragen, in dem Lichtbuch der Zugang und Abgang genau anzunotieren und endlich in dem Ausgabenbuch alle kleineren laufenden Wirtschaftsausgaben einzutragen.

Diese Bücher werden mir von der Wirtschafterin alle 1. des Monats zur Durchsicht vorgelegt.

Die Inventarien hat die Wirtschafterin mit größtmöglichster Treue und Wachsamkeit zu beaufsichtigen und alle 1/4 Jahre sämtliche Sachen durchzugehen, die nötig auszurangierenden Stücke mir vorzulegen und Ab- und Zugang stets pünktlich im Inventarienbuch, welches ich ihr übergeben, einzutragen.

Auf die Betten des Inventariums hat die Wirtschafterin ihr besonderes Augenmerk zu richten, dieselben hier in Steinort öfters zu revidieren, für ihr fleißiges Lüften im Sommer Sorge zu tragen und alle 1/4 Jahr die Betten auf den Vorwerken zu revidieren, um nötige Umschüttungen pp. beizeiten vornehmen zu lassen und überhaupt gute Ordnung unter den Betten zu halten.

Alle Frühjahr muss die Wirtschafterin mit dem Gärtner besprechen, was für die Wirtschaft im herrschaftlichen Küchengarten zu pflanzen und zu sähen nötig sei. Im Oktober ist dann das Gemüse pünktlich abzufordern, um in die Keller gebracht zu werden.

Bei dem Obstpflücken muss sie zugegen sein, dasselbe in Empfang nehmen, um für die Erhaltung des Tafelobstes wie für die beste Bereitung des Backobstes zu sorgen.

Auch beim Honigausbrechen muss die Wirtschafterin zugegen sein, ihn in Empfang nehmen und tätig und umsichtig die Läuterung desselben besorgen.

Die sorgsamste, beste Behandlung des Fleisches und Einteilung und sparsame Verwendung desselben hoffe ich zuversichtlich von der Wirtschafterin, da ich daran festhalte, dass jedem das seine gut und ordentlich zukomme, aber auch das geringste nicht verkomme oder vergeudet werde.

Den Schlüssel zum Eiskeller führt die Wirtschafterin allein und dürfen die Leute allein nie dort hingeschickt werden, da solch ein nur allzu leicht zur Gewohnheit werdendes Schicken die Leute allmählich zu Veruntreuungen führt und zu Unordnungen aller Art Anlass gibt.

Auch hat die Wirtschafterin zur Vermeidung von Durchstechereien und Schleppereien nach jedesmaliger Mahlzeit alle Essensüberreste in Empfang zu nehmen und zum anderen Tage zu verwenden oder Armen, denen ich es erlaube, zu verabreichen.

Das tägliche Beaufsichtigen in der Zeit der Gänsemästung, des Fütterns und des regelmäßigen Austeilens desselben erwarte ich bestimmt von der Wirtschafterin, damit durch große Pünktlichkeit und Ordnung auch dieser Zweig der Wirtschaft dem Ganzen Ehre mache.

Ebenso wünsche ich, dass die Wirtschafterin recht oft dem Melken der Kühe beiwohne und das gehörige Ausmilchen derselben beaufsichtige, da durch Faulheit der Mädchen so viel Milcherträge verloren gehen können. Auch die öftere Inspizierung der Kälber und Schweine verlange ich von der Wirtschafterin, damit in allen Dingen Ordnung herrsche.

Wenn Vorräte in der Wirtschaft ausgegehen, so hat die Wirtschafterin mir solches rechtzeitig zu melden, damit ich dieselben mit Muße ergänzen kann.

Zitierhinweis

Instruktion. Steinort, nach dem 7. Februar 1854. In: Lebenswelten, Erfahrungsräume und politische Horizonte der ostpreußischen Adelsfamilie Lehndorff vom 18. bis in das 20. Jahrhundert. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2019. URL: https://lebenswelten-digital.bbaw.de/dokumente/detail_doc.xql?id=lehndorff_h4j_csn_xcb